Bodenreaktionskäfte
Weit verbreitet ist die Meinung, dass sich beim Nordic Walking durch den Einsatz von Stöcken eine 30%-ige Entlastung der unteren Extremitäten ermöglichen lässt (Geyer, 2005; SAZ College, 2002). Wissenschaftliche Studien können diese Behauptung nicht stützen. Lediglich Schwameder (1999) konnte beim Berabgehen mit steilem Gefälle von 25° beim Doppelstockeinsatz mit Wanderstöcken eine Reduzierung der Vertikalkräfte unter dem Fuß von 8-15% aufzeigen.
In der Zwischenzeit wurden einige Untersuchungen zum Nordic Walking und zur propagierten Gelenkentlastung durchgeführt. Durch Nordic Walking konnte z.B. gegenüber Walking keine Entlastung der Gelenke der unteren Extremitäten festgestellt werden, weder im Labor (Hennig u.a., 2006; Kleindienst u.a., 20061,2; Rist u.a., 2004; Streich u.a., 2005; Thorwesten u.a., 2005; Thorwesten u.a., 2006; Wilson u.a., 2001) noch im Feld (Hartmann u.a., 2006; Grüneberg u.a., 2006; Jöllenbeck u.a., 20061,2,3,4; Schlömmer, 2005). Allen Studien gemein ist, dass das erste Kraftmaximum beim Nordic Walking, d.h. der Fußaufsatz oder Fersenkontakt gleich oder sogar etwas höher ausfällt als beim Walking (Abb. 1). Für das zweite vertikale Kraftmaximum, d.h. den Fußabdruck werden höhere Kräfte (Hennig u.a., 2006) bzw. höhere Druck-Dosen im Vorfußbereich (Streich u.a., 2005), keine Unterschiede (Grüneberg u.a., 2006; Jöllenbeck u.a., 20061,2,3,4; Thorwesten u.a., 2005; Thorwesten u.a., 2006) oder etwas geringere Kräfte beim Nordic Walking berichtet (Hartmann u.a., 2006, Kleindienst u.a., 2006, Rist u.a., 2004, Schlömmer, 2005). Das für die Gelenkentlastung unbedeutende Kraftminimum ist beim Nordic Walking in allen Studien geringer als beim Walking. Die höheren Bodenreaktionskräfte beim Fußaufsatz werden mit dem steileren Aufsatzwinkel bedingt durch die etwas größere Schrittlänge beim Nordic Walking begründet (Hennig u.a., 2006; Kleindienst u.a., 20061,2; Rist u.a., 2004). Damit verbunden sind eine stärkere Pronation und Pronationsgeschwindigkeit beim Fußaufsatz, die insgesamt auf eine höhere Belastung des Bewegungsapparates hindeuten (Hennig u.a., 2006).
Abbildung 1: Nordic Walking vs. Walking – Vertikale Bodenreaktionskräfte und Stockkräfte im Vergleich (12, 13). 1. Kraftmaximum (Max 1), Kraftminimum (Min) und 2. Kraftmaximum (Max 2) sowie Kraft längs der Stockachse (Stock)
Auch die oftmals von Nordic Walking Verbänden geäußerte Vermutung, die falsche Technik der Probanden wäre ausschlaggebend für die nicht vorhandene Gelenkentlastung, konnte bisher nicht bestätigt werden. Bei einem Vergleich zwischen 6 Nordic Walking Instruktoren und 14 erfahrenen Nordic Walkern konnte kein entscheidender signifikanter Unterschied festgestellt werden, weder bei den vertikalen Bodenreaktionskräften beim Fußaufsatz oder Fußabdruck, noch bei den Stockkräften oder bei den Impulsen (Grüneberg u.a., 2006, Jöllenbeck u.a., 20061,4).